Täuferweg um einige Stationen erweitert

Das Projekt „Täuferspuren“ des Mennonitischen Geschichtsvereins macht zügige Fortschritte. Am Samstag dem 15. Dezember wurden im Rahmen einer Geschichtsexkursion weitere Erinnerungsschilder an ausgewählten Orten mit mennonitisch-täuferischer Vergangenheit enthüllt und zwar im Donnersbergkreis auf der Wartenberger Mühle in Wartenberg-Rohrbach, auf dem Rosenthalerhof und auf dem Pfrimmerhof bei Sippersfeld.

Wartenberger Mühle

Die Wartenberger Mühle war 250 Jahre in den Händen der Mennonitenfamilie Krehbiel, bis sie in den 1970er-Jahren nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnte. Die technischen Entwicklungen in der Landwirtschaft hätten umfangreiche Investitionen und größere Umbauten erfordert, wenn sie in dem alten Anwesen überhaupt zu realisieren gewesen wären. So berichtete es die letzte Mühlbäuerin Renate Krehbiel (78) bei der Veranstaltung. Statt in die alten Gemäuer zu investieren, errichtete die Familie Krehbiel vis à vis einen Aussiedlerhof, den jetzigen Bioland Geflügelhof Krehbiel. Das alte Mühlenanwesen wurde verkauft. Dass sich mit dem Architekturprofessor Horst Ermel ein mit Mut, Sachverstand und Liebe zu der alten Bausubstanz ausgestatteter Käufer fand, war für die Wartenberger Mühle ein großes Glück – auch, dass er bereit war, „jede freie Mark“, wie er sagte, zu investieren. Wo damals die Brennesseln zwei Meter hoch wuchsen – die Mühle war seit fünf Jahren verlassen –, betritt man heute einen mit Buchskugeln zurückhaltend gestalteten, schön gepflasterten Innenhof über dem in der Adventszeit zwei Herrnhuter Sterne leuchten. Im Bistro erinnern die gusseisernen Stützen noch daran, dass es sich um den ehemaligen Pferdestall handelt. Das Restaurant befindet sich unter den barocken Kreuzgratgewölben des ehemaligen Kuhstalls. Im Mittelfeld waren sie erhalten, sonst mussten sie rekonstruiert werden.

Auch für die pfälzischen Mennoniten war die Sanierung der Mühle eine glückliche Fügung, denn viele von ihnen – darunter auch viele Amerikaner – haben Vorfahren aus der Wartenberger Mühle und sind froh, dass dieser Ort noch existiert und besucht werden kann.

Die reformierten Grafen von Wartenberg wussten die Vorzüge der täuferischen Einwanderer zu schätzen und störten sich nicht an deren von ihrer eigenen Glaubensauffassung abweichenden Gesinnung. „Die Grafen von Wartenberg praktizierten auf ihrem Grund und Boden außergewöhnlich früh, nämlich schon um 1600, eine religiöse Toleranz, die selbst auf kurpfälzischem Gebiet nicht vorhanden war“ sagte, Sibylla Hege-Bettac vom Mennonitischen Geschichtsverein und Koordinatorin des Täuferspuren-Projekts. Der pfälzische Kurfürst erließ erst um 1664 einen diesbezüglichen Duldungserlass, die sogenannte „Mennistenkonzession“.

Weitere Geschichtsinfo: https://www.muehle-schlossberg.de/die-muhle-am-schlossberg/muhlengeschichte/

Pfrimmerhof

Die Täuferspuren-Tafel Pfrimmerhof wurde an einem Wirtschaftsgebäude des dortigen alten Krehbiel-Anwesens angebracht. 1709 kam der Mennonit Jost Krehbiel als Pächter der Herren von Nassau-Weilburg auf den Hof, nachdem es schon etliche Pächter vor ihm versucht hatten und gescheitert waren. Das Schicksal des Hofes ist eng verbunden mit der nahe vorbeiführenden alten Hochstraße, die eine wichtige Ost-West-Verbindung darstellte. Truppendurchmärsche, Raub und Plünderungen, Kontributionen und Einquartierungen machten auch noch lange nach dem 30-jährigen Krieg das Wirtschaften auf dem Hof fast unmöglich. Darauf wies die Vorsitzende des Mennonitischen Geschichtsvereins und Leiterin der Mennonitischen Forschungsstelle, Dr. Astrid von Schlachta, hin. Auch war der heute noch einsam gelegene Hof mehrfach von Räuberbanden heimgesucht worden. Legendär ist eine Kindesentführung mit hoher Lösegeldforderung 1801 durch den Räuber Denzer. Heute blickt der Hof auf mehr als 300 Jahre Mennonitengeschichte zurück. Allerdings lebt heute nur noch ein Mennonit dort. Auch die Gebäude sind überwiegend nicht mehr in mennonitischer Hand. Häufig besuchen Amerikaner auf den Spuren ihrer Vorfahren den Ort, zu dem auch ein kleiner, alter Friedhof gehört. Sie haben eine Stammtafel über acht Krehbiel-Generationen (bis um 1900) erstellt. Für den Fortbestand des Hofes und dessen denkmalgerechte Erhaltung engagiert sich Walter Hetsch, dessen Vorfahren sich 1823 in die dortige Mühle eingekauft, den Betrieb sowie die Mühlwöge ausgebaut haben. Hetsch, der sich über die Geschichtstafel des Mennonitischen Geschichtsvereins freute, hat bereits etliche Gebäude saniert und betreibt heute dort u. a. eine Campinganlage, die ihrer Idylle wegen viele Touristen anzieht. Und diese seien meist höchst interessiert an der Geschichte dieses Ortes, sagte er.
Besondere Aufmerksamkeit erhielt bei der Veranstaltung der Historiker Roland Paul, der Auszüge aus dem Brief eines Pfrimmerhöfer Amerikaauswanderers von verlas. Dieser war 1831 ausgewandert und ließ sich in Clarence Center im Norden des Staates New York nieder. In sprachlich höchst gewandter und unterhaltsamer Form, werden darin von Jakob Krehbiel die Vorzüge des freiheitlichen Amerika geschildert. Der Brief ist damals in Tageszeitungen abgedruckt worden und erschien 1832 als Broschüre der Kolb‘schen Buchhandlung in Speyer. Er soll im Rheinkreis eine große Sogwirkung in Richtung Übersee entfaltet haben.

Rosenthalerhof

Die Täuferspuren-Tafel Rosenthalerhof wurde an einem Wirtschaftsgebäude seitlich des Zugangs zu dem ehemaligen Wirtschaftstrakt des Klosters angebracht. Das einstige Klostergut von 1241 wurde durch die Franzosen 1793 beschlagnamt und 1803 versteigert. Es umfasste 114 Hektar Land, 300 Obstbäume und zwei Wöge. 1810 kauften dort die Mennoniten Heinrich Würtz vom Münchhof bei Hochspeyer und sein Schwager Jakob Möllinger von Fischbach bei Hochspeyer von einem Vorbesitzer den halben Teil des Klosteranwesens. Auch die Hälfte der Klosterruine gehörte zu diesem Besitz. Während Möllinger, ein Enkel des bekannten mennonitischen Uhrmachermeisters Jakob Möllinger aus Neustadt an der Weinstraße und selbst Uhrmachermeister, acht Jahre später weiterzog, blieb Heinrich Würtz an Ort und Stelle. Er verlor seine erste Familie – Ehefrau und zwei Töchter – durch den Tod und wurde mit seiner zweiten Ehefrau, Maria Krehbiel, die von Donnersbergerhof stammte, Stammvater mehrerer Würtz-Familien. Michael, der jüngste Sohn von Heinrich I wanderte 1852 in die USA aus. Nachfahren der drei älteren Söhne wohnen heute noch in sechster und siebter Generation auf dem Hof. Durch anderskonfessionelle Heiraten gehören sie aber inzwischen überwiegend nicht mehr den Mennoniten an.
Den auf Heinrich I folgenden Generationen der Rosenthaler Würtz gelang es, durch gutes Wirtschaften in mehreren Betriebszweigen, ihren Besitz beträchtlich zu vergrößern. Sie betrieben Landwirtschaft, Obstanbau, daneben eine Branntweinbrennerei und machten mit ihren Gespannen Fuhrdienste. 1854 konnten sie die von Möllinger 1810 gebaute, inzwischen anderweitig verkaufte Mühle, dazu erwerben. Ursprünglich gehörten die Rosenthaler Würtz zur Mennonitengemeinde Altleinigen, später waren sie bei der Mennonitengemeinde Weierhof eingepfarrt.

Den Vortrag über die Rosenthaler Mennonitengeschichte bestritt Hermann Scheu, Hobbyhistoriker und Würtz-Nachfahre von Rosenthalerhof/Kerzweilerhof. Er schilderte u. a. authentisch überlieferte Täuferschicksale aus der Schweiz, wie sie sich zuzeiten der Auswanderung seines täuferischen Vorfahren (um 1660) zugetragen haben. Dieser, Rudolf Würtz, stammte aus Menziken im Aargau und nahm 1669 den Münchhof bei Hochspeyer in Erbbestand. Um der Verfolgung zu entgehen, hatte er die Schweiz verlassen, bevor er enteignet, eingesperrt oder ausgebürgert werden konnte.

Der kalten Füsse wegen wurde die geschichtliche Exkursion auf dem Rosenthalerhof vis à vis der Abteikirche ins gemütlich beheizte Hirtenhaus verlegt, wo heißer Kaffee und heißer Tee ausgeschenkt wurden und Ortvorsteher Detlef Osterheld die Gäste der Täuferspurentafel-Enthüllung begrüßte. Unter diesen befanden sich neben interessierten Anwohnern, Würtz-Nachfahren, historisch interessierten Mennoniten und Aktive des Mennonitischen Geschichtsvereins (u.a. die Vorsitzende Dr. Astrid von Schlachta) und des Historischen Vereins Rosenthal und Umgebung e. V. (u. a. der Vorsitzende Gerhard Scheifling), auch Landrat Rainer Guth und der ehemalige Leiter des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserlautern, Roland Paul. Der Rosenthaler Geschichtsverein kümmert sich in vorbildlicher Weise um den Erhalt und die Pflege des Klosterareals mit Museum und Kräutergarten und sorgt mit Veranstaltungen für die notwendigen Geldmittel.

Auf dem Rosenthalerhof treffen sich nun Jakobsweg, Adolf-von-Nassau-Weg, Rosenweg, Sternenweg und Täuferweg. Das zeigt, welche Bedeutung diesem Ort in der Regionalgeschichte zukommt. Der Rosenthalerhof hat durch den reichen mittelalterlichen Baubestand und die Klosterruine eine ganz besondere Atmosphäre. Auch für den Mennonitischen Geschichtsverein ist diese Täuferspurenstation etwas Besonderes. Er bedankt sich auch bei dem Anwohner Robert Schmidt, der den Platz für die Tafel an einem alten Sandsteingebäude zur Verfügung stellte.

Schreibe einen Kommentar